Kartenproduktion in Gefahr: die Landestopografie im Ersten Weltkrieg

23. Ago.. 2021

Evakuations-Detailplanung am Gaswerk Bern, 1917

Während des Ersten Weltkriegs bereitete sich die Abteilung für Landestopographie auf eine Evakuation ihres Betriebs vor. Weil die Schweiz vom Krieg verschont wurde, kam es nie zu einer solchen Rettungsaktion – die Planungen waren aber weit fortgeschritten.

Die damals im Berner Stadtteil Kirchenfeld beheimatete Landestopografie aus der Schusslinie zu holen, war von grösster strategischer Bedeutung: Ohne Kartenmaterial war kein Verteidigungskrieg zu führen. Ab August 1914 intensivierten das Territorialkommando der Armee und die Landestopografie deshalb die Evakuationsplanung. Dabei standen drei Fragen im Zentrum: Wohin sollte die Abteilung evakuiert werden? Was konnte und sollte in Sicherheit gebracht werden? Und wie liess sich gewährleisten, dass diese dramatische Zügelaktion zügig und reibungslos vonstattengeht?

Wie evakuieren?

Wie Kupferplatten, Lithografiesteine, Druckpapier, Instrumente, Karten und nicht zuletzt das Personal vom Berner Kirchenfeld an den Zielort der Evakuation gelangen sollten, war Gegenstand akribischer Planung. Im Mai 1917 sah sie wie folgt aus: Achtzig einberufene Hilfsdienstpflichtige sowie die nicht dienstpflichtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landestopografie verladen die Transportgegenstände möglichst zügig auf zehn Vierspänner und zehn Zweispänner.

Um die Druck- und Glasplatten vor dem Zerbrechen und Kratzern zu schützen, standen den Helfern 500 Kilogramm Stroh zur Verfügung. Einmal verladen, sollten 26 Pferde das Evakuationsgut auf möglichst kurzem Weg zum nächsten Bahnhof bringen, von wo aus die Objekte mit der Eisenbahn zum Zielort gelangt wären. In der Tat gab es einen geeigneten Anschluss in der Nähe des Hauptsitzes der Landestopografie: Das Gaswerk Bern am gegenüberliegenden, linken Ufer der Aare verfügte über einen eigenen Eisenbahnzubringer, der mit der Station Wabern bei Bern verbunden war. «Die Maschine des Gaswerkes schiebt in 6 Minuten 5 beladene Waggons zur Station Wabern, so dass die Abfuhr leicht von statten geht», hielt der damalige Direktor der Landestopografie, Leonz Held, im April 1917 fest.

Der Weg zum Gaswerk war für die Pferde verhältnismässig leicht zu bewältigen, da er kurz war und kaum Steigungen aufwies. Jedoch wären auch Objekte zum Güterbahnhof Weiermannshaus am anderen Ende der Stadt Bern transportiert worden – hierfür waren die leistungsstärkeren Vierspänner erforderlich.

1918 war nicht das Ende

Glücklicherweise musste die Landestopografie während des Ersten Weltkriegs nicht evakuiert werden. Am 3. Dezember 1918, knapp vier Wochen nach Kriegsende, verfügte das Eidgenössische Militärdepartement, dass die «Vorarbeiten für die diversen Evakuationen» einzustellen seien.

Die Situation in Europa entspannte sich jedoch nur mittelfristig: Bereits in den 1930er Jahren mussten angesichts neuerlicher Spannungen in Europa die Evakuationspläne des Ersten Weltkriegs aus der Schublade geholt und an die neuen Bedingungen angepasst werden. 1941 kam es schliesslich zu einer teilweisen Verlegung der Landestopografie in ein stillgelegtes Kurhotel auf dem Brünigpass. Es diente bis 1945 als Réduitzentrale.

Im Rahmen der Europäischen Tage des Denkmals 2021 lädt swisstopo am Freitag, 10. September zu einer historischen Führung ein. Dabei stehen der Neubau des Landestopografie-Hauptsitzes sowie die Evakuationsvorbereitungen vor und während des Zweiten Weltkriegs im Zentrum. Details zur Anmeldung finden Sie über den untenstehenden Link.

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