Entscheidende Nadelstiche: Kupfergravur für die Siegfriedkarte

13. Apr.. 2022

Kupferplatte mit Gravursticheln.

In den 1870er Jahren arbeiteten private Kupferstecher mit Hochdruck für die Landestopografie. Es entstanden Druckplatten von bestechender Qualität, aber auch einige Herausforderungen.

Als die Eidgenössische Landestopografie im Jahr 1941 ihren neuen Hauptsitz in Wabern eröffnete, zogen auch zahlreiche Kupferstecher in das Gebäude vor den Toren Berns. Bei der Ausgestaltung des Neubaus hatte man die Bedürfnisse dieser Spezialisten in besonderem Masse berücksichtigt: Für sie waren Büros in den hellsten Stockwerken und Gebäudeflügeln reserviert. Sonnenlicht war für diese anspruchsvolle Tätigkeit im Grenzgebiet von Handwerk, Wissenschaft und Kunst wesentlich.

Dass die Landestopografie eigene Kupferstecher anstellte, war keine Selbstverständlichkeit, sondern Ergebnis einer jahrzehntelangen Entwicklung. 1869 vergab das Eidgenössische Stabsbüreau (heute: swisstopo) den Stich der Druckplatten der Siegfriedkarte noch gänzlich an selbständige Firmen. Diese staatlich-private Zusammenarbeit brachte Meisterwerke des Kupferstichs hervor, es entstanden aber auch Reibungen und Konflikte.

Eine Koryphäe des Kupferstichs

Am 11. Mai 1869 vertraute das Stabsbüreau der Firma Müllhaupt & Sohn die Gravur von Kupfer-Druckplatten der Siegfriedkarte an. Während die Blätter des Alpenraums (1:50 000) mittels lithografischer Verfahren gedruckt wurden, setzte man für das Mittelland, den Jura und das Südtessin (1:25 000) auf das formbare Metall.

Zu diesem Zeitpunkt war der Firmenchef Heinrich Müllhaupt (1820­­-1894) bereits einer der angesehensten Kupferstecher der Schweiz. Im Alter von 19 Jahren war er in den Dienst des Südtiroler Meisters Rinaldo Bressanini eingetreten. Offensichtlich stellte Müllhaupt schon als junger Mann sein grosses Können unter Beweis: zwischen 1841 und 1864 war er am Stich von 19 der insgesamt 25 Druckplatten der Dufourkarte beteiligt. Nachdem sich Müllhaupts Lehrmeister Bressanini um das Jahr 1854 zur Ruhe gesetzt hatte, gründete Müllhaupt 1859 die Firma Müllhaupt & Sohn und stellte fast im Alleingang sicher, dass der Stich des Kartenwerks 1864 zum Abschluss kam.

Kontrolle und Nachbearbeitung

Allein zwischen 1869 und 1882 stach die Firma Müllhaupt & Sohn 192 Blätter der Siegfriedkarte. Die Entlohnung erfolgte pro Quadratdezimeter und stieg zwischen 1873 und 1880 von 50 auf 80-100 Franken. War eine Kupferplatte einmal gestochen, prüften die Experten des Stabsbüreaus deren Qualität aufs Herz und Nieren. Anschliessend gab Direktor Hermann Siegfried grünes Licht für den Druck eines Blattes oder teilte Verbesserungswünsche mit.

Übergang zum eigenen Kupferstich

Trotz seiner scharfen Kritik an den Leistungen von Müllhaupt & Sohn hielt Hermann Siegfried am renommierten Atelier fest. Hierfür ausschlaggebend waren Müllhaupts grosse Erfahrung, ein Mangel an geeigneten Alternativen sowie die Befürchtung, dass neue, mit der Siegfriedkarte noch nicht vertraute Kupferstecher der Einheitlichkeit des Kartenwerks schaden könnten.

Müllhaupt & Sohn erhielten auch nach Siegfrieds Tod im Jahr 1879 weiterhin zahlreiche Aufträge; Heinrich Müllhaupt gravierte bis an sein Lebensende für die Landestopografie. Zeitgleich stellte das Topographische Bureau ab 1880 aber auch eigene Kupferstecher an. Im Jahr 1902 beschäftigte es bereits 13 Gravurspezialisten. Um die Einheitlichkeit des Kartenbildes zu gewährleisten, hatte man sie während mehrerer Jahre aufwändig eingearbeitet.

Ein wichtiger Grund für die Richtungsänderung hin zu mehr amtseigenen Kupferstechern waren die durchzogenen Erfahrungen, die das Stabsbüreau während der ersten zehn Jahre des Siegfriedkarten-Stichs gemacht hatte. Der Grundriss des Hauptsitzes der Landestopografie von 1941 zeigt, dass der 1880 eingeschlagene Weg langfristig weitverfolgt wurde. Das Ende des Kupferstichs bei swisstopo läutete erst die Einführung der Schichtgravur auf Glas im Jahr 1953 ein.

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