Als die Eidgenössische Landestopografie im Jahr 1941 ihren neuen Hauptsitz in Wabern eröffnete, zogen auch zahlreiche Kupferstecher in das Gebäude vor den Toren Berns. Bei der Ausgestaltung des Neubaus hatte man die Bedürfnisse dieser Spezialisten in besonderem Masse berücksichtigt: Für sie waren Büros in den hellsten Stockwerken und Gebäudeflügeln reserviert. Sonnenlicht war für diese anspruchsvolle Tätigkeit im Grenzgebiet von Handwerk, Wissenschaft und Kunst wesentlich.
Dass die Landestopografie eigene Kupferstecher anstellte, war keine Selbstverständlichkeit, sondern Ergebnis einer jahrzehntelangen Entwicklung. 1869 vergab das Eidgenössische Stabsbüreau (heute: swisstopo) den Stich der Druckplatten der Siegfriedkarte noch gänzlich an selbständige Firmen. Diese staatlich-private Zusammenarbeit brachte Meisterwerke des Kupferstichs hervor, es entstanden aber auch Reibungen und Konflikte.
Am 11. Mai 1869 vertraute das Stabsbüreau der Firma Müllhaupt & Sohn die Gravur von Kupfer-Druckplatten der Siegfriedkarte an. Während die Blätter des Alpenraums (1:50 000) mittels lithografischer Verfahren gedruckt wurden, setzte man für das Mittelland, den Jura und das Südtessin (1:25 000) auf das formbare Metall.
Zu diesem Zeitpunkt war der Firmenchef Heinrich Müllhaupt (1820-1894) bereits einer der angesehensten Kupferstecher der Schweiz. Im Alter von 19 Jahren war er in den Dienst des Südtiroler Meisters Rinaldo Bressanini eingetreten. Offensichtlich stellte Müllhaupt schon als junger Mann sein grosses Können unter Beweis: zwischen 1841 und 1864 war er am Stich von 19 der insgesamt 25 Druckplatten der Dufourkarte beteiligt. Nachdem sich Müllhaupts Lehrmeister Bressanini um das Jahr 1854 zur Ruhe gesetzt hatte, gründete Müllhaupt 1859 die Firma Müllhaupt & Sohn und stellte fast im Alleingang sicher, dass der Stich des Kartenwerks 1864 zum Abschluss kam.
Zwischen dem Eidgenössischen Stabsbüreau und Müllhaupt & Sohn entwickelte sich ab 1869 eine produktive, aber auch konfliktgeladene Zusammenarbeit. Die Aufgabe der Kupferstecher war äusserst sensibel: Während Jahrzehnten hatten Ingenieure Bergspitzen, Talböden und Gletscher beschritten, um die Geodaten herzustellen, die Mitarbeiter des Stabsbüreaus schliesslich in handgezeichnete Stichvorlagen verwandelten. Ohne die gekonnte Gravur der Kupferplatten waren jedoch all diese Mühen vergebens. Jede Ungenauigkeit im Millimeterbereich bedeutete eine Verfälschung von Geoinformation, jede Uneinheitlichkeit zwischen den einzelnen Blättern minderte die Qualität des Kartenwerks. Die Kontrolle und Beurteilung der Gravurplatten durch das Stabsbüreau war entsprechend genau und detailorientiert.
Allein zwischen 1869 und 1882 stach die Firma Müllhaupt & Sohn 192 Blätter der Siegfriedkarte. Die Entlohnung erfolgte pro Quadratdezimeter und stieg zwischen 1873 und 1880 von 50 auf 80-100 Franken. War eine Kupferplatte einmal gestochen, prüften die Experten des Stabsbüreaus deren Qualität aufs Herz und Nieren. Anschliessend gab Direktor Hermann Siegfried grünes Licht für den Druck eines Blattes oder teilte Verbesserungswünsche mit.
Der sorgfältige Stich der Druckplatten und deren Korrektur erforderten viel Zeit; die Kartenblätter mussten hohen wissenschaftlichen und ästhetischen Ansprüchen genügen. Zugleich warteten Ingenieure, Alpinistinnen und andere Interessengruppen ungeduldig auf die neuen Kartenblätter. Die insgesamt 462 Blätter der Siegfriedkarte sollten deshalb so zügig wie möglich erscheinen.
Dieser Spagat zwischen Qualität und speditiver Produktion erzeugte immer wieder Reibungen. Wie Siegfrieds Nachfolger Jules Dumur 1882 festhielt, hatten Müllhaupt & Sohn zwischen 1869 und 1882 «im Mittel nur 14-15 Blätter pro Jahr [gestochen]; die schon lange angestrebte mittlere Leistung von 24 Blättern jährlich haben sie, trotz zahlreichen Mahnungen, nie erreichen können.»
Auch an der Qualität der Gravur häufte sich im Laufe der 1870er Jahre die Kritik. Hermann Siegfried beschrieb seine Verärgerung über diesen Umstand im März 1875 in aller Deutlichkeit. In einem Brief an Heinrich Müllhaupt merkte er an: «Der Stich des Aufnahmeatlases [Siegfriedkarte] wird von Lieferung zu Lieferung schlechter. Diesem Rückschritt muss Einhalt gethan werden.» Bereits deutete sich an, dass man im Stabsbüreau darüber nachdachte, den Kupferstich selbst durchzuführen: «Wir ersuchen Sie, uns keine Blätter mehr einzureichen, die geringer gestochen sind als die ersten und uns nicht dahin zu drängen, den Stich in Regie ausführen zu lassen.»
Das Hauptproblem bestand darin, dass Heinrich Müllhaupt, selbst ein Meister seines Fachs, immer öfter Aufgaben an unerfahrene Angestellte delegieren musste. Das schiere Ausmass der Arbeiten, verbunden mit einem Mangel an erfahrenen Kupferstechern, liess ihm wohl keine andere Wahl. Mit einem der weniger geschickten Graveure ging Siegfried hart ins Gericht:
"Dieser […] Schriftstecher hat keinen Geschmack, er beachtet nicht die ersten Regeln der gleichmässigen und richtigen Neigung der Buchstaben, der Eintheilung der Schrift im Bezug auf die Zwischenräume der Buchstaben und der vorgeschriebenen Grösse. Seine Blätter können nicht mit den andern zusammengestellt werden. Es ist mit einem Wort ein Anfänger, der seinen Lehrplätz macht."
Trotz seiner scharfen Kritik an den Leistungen von Müllhaupt & Sohn hielt Hermann Siegfried am renommierten Atelier fest. Hierfür ausschlaggebend waren Müllhaupts grosse Erfahrung, ein Mangel an geeigneten Alternativen sowie die Befürchtung, dass neue, mit der Siegfriedkarte noch nicht vertraute Kupferstecher der Einheitlichkeit des Kartenwerks schaden könnten.
Müllhaupt & Sohn erhielten auch nach Siegfrieds Tod im Jahr 1879 weiterhin zahlreiche Aufträge; Heinrich Müllhaupt gravierte bis an sein Lebensende für die Landestopografie. Zeitgleich stellte das Topographische Bureau ab 1880 aber auch eigene Kupferstecher an. Im Jahr 1902 beschäftigte es bereits 13 Gravurspezialisten. Um die Einheitlichkeit des Kartenbildes zu gewährleisten, hatte man sie während mehrerer Jahre aufwändig eingearbeitet.
Ein wichtiger Grund für die Richtungsänderung hin zu mehr amtseigenen Kupferstechern waren die durchzogenen Erfahrungen, die das Stabsbüreau während der ersten zehn Jahre des Siegfriedkarten-Stichs gemacht hatte. Der Grundriss des Hauptsitzes der Landestopografie von 1941 zeigt, dass der 1880 eingeschlagene Weg langfristig weitverfolgt wurde. Das Ende des Kupferstichs bei swisstopo läutete erst die Einführung der Schichtgravur auf Glas im Jahr 1953 ein.