Frauen in der Geschichte von swisstopo

08. Mär. 2021

Schriftsetzerin bei der Arbeit, 1955 (© swisstopo Bildsammlung)

Die Einführung des Frauenstimmrechts auf Bundesebene vor 50 Jahren war einer der grössten Erfolge der Schweizer Frauenbewegung. Wie stand es zu diesem Zeitpunkt um die Geschlechterrollen bei swisstopo? Eine Vorgeschichte zum Jahr 1971.

Wer sich mit dem Beitrag von Frauen zur Schweizer Landesvermessung auseinandersetzen möchte, steht zunächst vor einem Quellenproblem. Den frühen Mitarbeiterinnen von swisstopo auf die Spur zu kommen, ist eine Detektivarbeit: Die geschlechterspezifische Dokumentationslücke, die sich in vielen Sammlungen und Archiven beobachten lässt, ist auch hier vorhanden. Dennoch gewähren die für diesen Text untersuchten Archivdokumente einen Einblick in den langsamen, aber stetigen Wandel der Geschlechterverhältnisse bei swisstopo.

Die Gründe für dieses Missverhältnis sind neben der oben erwähnten schlechteren Ausbildung von Frauen auch in einer Gesellschaft zu suchen, in der die bis heute wirkmächtige, inoffizielle Trennung von «Männer-» und «Frauenberufen» entlang scharfer Grenzen verlief. Dies zeigt sich darin, dass keine der 51 heute bekannten, vor 1939 geborenen Mitarbeiterinnen von swisstopo einen Ingenieursberuf ausübte. Die überwältigende Mehrheit von ihnen war als Sekretärinnen, Telefonistinnen und Hilfsarbeiterinnen tätig; in den Kartenproduktionsprozess stiessen die ersten Mitarbeiterinnen als «Zeichner-Gehilfinnen» und als Schriftsetzerinnen vor.

Seltene Ingenieurinnen

Das Modell des «männlichen Alleinernährers» äusserte sich auch an den Hochschulen, wo Studentinnen bis ins späte 20. Jahrhundert untervertreten blieben. Obwohl Frauen gegen Ende des 19. Jahrhundert Zugang zur Gymnasialbildung erhielten, blieben Vermessungsingenieurinnen eine Ausnahmeerscheinung. Dies lässt sich am Beispiel der ETH Zürich verdeutlichen: 1947 belegte die erste Frau den Studiengang Kulturtechnik und Vermessungswesen, bis zum Stichjahr 1971 waren zu keinem Zeitpunkt mehr als drei Studentinnen in den Studiengang eingeschrieben. In derselben Periode bewegte sich die Zahl der männlichen Studenten zwischen 46 (1950) und 216 (1966/67). 

Eine Alternative zum Universitätsstudium bestand ab 1963 darin, eine Berufslehre als Vermessungszeichnerin zu absolvieren und anschliessend ein Technikum zu besuchen. In der Romandie war dies am Technikum des Kantons Waadt möglich, in der Deutschschweiz am Technikum beider Basel. Dass Frauen jedoch auch diesen und andere Wege zum Ingenieursberuf deutlich seltener beschritten als Männer, legt die Entwicklung ihres Anteils an der L+T-Belegschaft nahe. Er belief sich im Jahr 1979 auf 12% und erhöhte sich bis 2001 nur leicht auf 14%. Zum Vergleich: Im selben Jahr lag die nationale Erwerbsquote von Frauen bei 52.9%. Gut ein Jahrhundert nach Emma Guggisbergs Stellenantritt waren die Geschlechterverhältnisse an der Landestopographie weiterhin eindeutig.

Langfristige Veränderungen

Die geschlechterbezogenen Unterschiede in der Erwerbstätigkeit zeigten sich bei swisstopo seit den Anfängen des Amtes im Jahr 1838 deutlich. Arbeitete bis 1899 nach heutigem Kenntnisstand keine Frau bei swisstopo, stellte das Amt zu Beginn des 20. Jahrhunderts die ersten Mitarbeiterinnen an. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts verminderte sich die Disparität zwischen den Geschlechtern stetig, aber nur sehr langsam. Rollenbilder, die für Frauen lange kein Hochschulstudium und erst recht keines der Ingenieurwissenschaften vorsahen, sowie die enge Verbindung von Vermessungswesen und Militär mögen zu den entscheidenden Ursachen dieser schleppenden Entwicklung gehört haben.

Jüngere Zahlen deuten aber in eine klare Richtung: Seit 2001 verdoppelte sich der Frauenanteil bei swisstopo von 14 auf heute 29%. Dieser Trend könnte sich fortsetzen – Bundesrätin Viola Amherd hat sich zum Ziel gesetzt, den Frauenanteil im VBS in den nächsten Jahren deutlich zu erhöhen.

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